Das "Pulvercafé": Imbiss in einem Bunker im Rahmen eines historischen Spaziergangs im ehemaligen Betriebsteil "Birke" der Düneberger Sprengstofffabrik
Wenn Sie ihre Kenntnisse zum Thema Pulver- und Dynamitfabriken vertiefen möchten, buchen Sie einen historischen Spaziergang über die Gelände der ehemaligen Sprengstoffabriken beim Förderkreis Industriemuseum Geesthacht. Teile der früheren Betriebsgebäude der Fabriken liegen heute in den schönsten Naherholungsgebieten um Geesthacht, umwuchert von Farnkraut, Birken und Kiefern.
Der Förderkreis Industriemuseum Geesthacht engagiert sich für den Aufbau eines Industrie- und Technikmuseums mit einem zeitgemäßen interaktiven Vermittlungskonzept und setzt sich insbesondere für die Erhaltung des Krümmeler Wasserturms der früheren Dynamitfabrik ein.
Wir freuen uns, wenn Sie unsere Arbeit unterstützen!
Carl Duttenhfer
Max Wilhelm Duttenhofer
Alfred Nobel
Alfred Nobel, Carl Duttenhofer
Alfred Nobel & Co - Die erste Dynamitfabrik der Welt
Die Krümmeler Dynamitfabrik geht auf Alfred Nobel (1833-1896; auf dem Bild unten als junger Mann) zurück. Er gründete 1865 in den einsam gelegenen Schluchten und Sandhügeln des Geesthangs, der Krümmel genannt, zunächst eine Nitroglycerinfabrik.
Das Gebiet war 42 Hektar groß, lag nahe der Elbe und schien weit genug von der Ortschaft Geesthacht entfernt, um Sicherheitsbedenken auszuschließen. Der Krümmel gehörte ehedem zum Gutsbezirk des Grafen Kielmannsegge.
Die Erlaubnis, Nitroglycerin zu produzieren, erteilte die Königlich-Preussische-Herzogliche Lauenburger Regierung. Es war nicht die erste Nitroglycerinfabrik Nobels, aber es war die erste, in der er die Aktienmehrheit hielt und die daher den Namen "Alfred Nobel & Co." trug.
Teilhaber der Firma waren verschiedene Hamburger Kaufleute und Finanziers, darunter das Unternehmen Wilhelm und Theodor Winkler und der Wirtschaftsjurist Dr. C. E. Bandmann. Das Büro der Firma war in der Bergstraße 10 in Hamburg untergebracht. Bei der Nitroglycerinfabrik auf dem Krümmel befand sich Nobels Laboratorium.
Kupferstich der ersten Fabrikanlage (um 1880)
Die Dorfschaft Geesthacht auf einer Karte von 1754
Nitroglycerin ist ein hochbrisanter Sprengstoff. Die meisten Unfälle ereigneten sich bei seiner Herstellung, bei seinem Transport und bei unsachgemäßer Handhabung.
Der französische Regisseur Henri-Georges Clouzot machte 1952 in seinem Klassiker "Lohn der Angst" (mit Yves Montand und Charles Vanel) die Gefahr des Transportes von Nitroglycerin zum Thema.
Mit dem Sprengstoff sollte in Clouzots Film das Feuer auf einem Erdölfeld zum Erlöschen gebracht werden.
Schon die erste Abbildung der Fabrikanlage läßt erkennen, dass die Gebäude zur Herstellung und Lagerung des Sprengöls auseinanderlagen und von Schutzwällen umgeben waren. Der Schaden, der bei einer Explosion entstand, blieb so auf das isolierte Gebäude beschränkt.
Das Transportproblem wollte Nobel umgehen, indem er in verschiedenen Ländern Nitroglycerinproduktionen gründete und sich dort jeweils sein Herstellungsverfahren patentieren ließ. Um der unsachgemäßen Handhabung des Sprengöls entgegenzuwirken, versandte Nobel genaue Beschreibungen und Gebrauchsanweisungen des Stoffes an Kunden und potentielle Abnehmer. Außerdem reiste er mit Proben zu Bergwerken und Baustellen, um Vorführungen seines Sprengstoffes zu geben. Zu seinen Interessenten gehörte natürlich auch das Militär.
Nobel hielt sich 1866 in den USA auf, als die Fabrik auf dem Krümmel zum ersten Mal explodierte. Dies war der Anlass für Nobel, seine Experimente zur Phlegmatisierung des Nitroglycerins wiederaufzunehmen. Das Ergebnis seiner Versuche in der Krümmeler Anlage war eine Mischung aus Nitroglycerin und Kieselgur. Nobel nannte den neuen Sprengstoff Dynamit und erwarb Patente zu seiner Herstellung in verschiedenen Ländern. Es folgten weitere Erfindungen, darunter 1875 die "Sprenggelatine".
Bereits 1873 verließ Nobel Deutschland und zog nach Paris. In diesem Zeitraum von 7 Jahren gründete er in Europa 14 Dynamitfabriken.
Max von Duttenhofer und die Düneberger Pulverfabrik
Max Wilhelm Duttenhofer wurde 1843 in Rottweil am Neckar geboren. Er war der Sohn eines Apothekers, der 1853 Teilhaber der Pulverfabrik in Rottweil wurde. Sie trug den Namen "Flaiz & Duttenhofer". Da Max die elterliche Pulvermühle mehr interessierte als die Apotheke, betrieb er zusätzlich zu einer Apothekerlehre chemische Studien an der polytechnischen Schule in Stuttgart.
Bereits mit 20 Jahren wurde er Leiter der Pulvermühle. Als der Deutsch- Französische Krieg 1870/71 der deutschen Pulverindustrie einen deutlichen Aufschwung brachte, erweiterte Duttenhofer seinen Betrieb um zwei Anlagen und wandelte die Firma in eine Aktiengesellschaft um. Vorstandsvorsitzender und Direktor der "Pulverfabrik Rottweil" wurde er selber.
Da Rottweil für das Exportgeschäft von Pulver ungünstig lag, pachtete Duttenhofer 1876 von Otto von Bismarck ein Grundstuck an der Elbe. Es waren die Besenhorster Sandberge in der Nähe des Dorfes Besenhorst, unweit der Ortschaft Geesthacht. Fünf Kilometer elbaufwärts betrieb die Gesellschaft "Alfred Nobel & Co." eine Dynamitfabrik. Bismarck selbst soll der neuen Fabrik den Namen "Düneberger Pulverfabrik" gegeben haben.
Zum Leiter berief Max seinen Bruder Carl Duttenhofer, der bis 1921 erster Direktor der Düneberger Pulverfabrik war.
Carl Duttenhofer begann 1877 mit dem Aufbau der Zweigniederlassung Düneberg. 1878 begann das Exportgeschäft. Die Gesellschaft Duttenhofers trug nun den Namen "Pulverfabrik Rottweil-Hamburg".
Max Duttenhofer widmete sich ähnlich wie Alfred Nobel als Chemiker und Ingenieur der Verbesserung seiner Produkte und ihrer Herstellung und war gleichzeitig Unternehmer. Er erwarb in den folgenden Jahren sechs weitere Pulverfabriken in Süddeutschland und im Harz. Die Verkaufskontore lagen in Hamburg und in Belgrad.
Um 1882 gelang Duttenhofer die Entwicklung des braunen prismatischen Pulvers, das lange den Markt für schwere Geschütze und Schiffsartillerie beherrschte. Als 1889 die Herstellung eines Blättchenpulvers durch die Gelatinierung von Schießbaumwolle gelang, stellte Max Duttenhofer die Produktion seiner Fabriken auf das neue Verfahren um.
Der Einfluß Duttenhofers in der Sprengstoff- und Maschinenbauindustrie war erheblich. Er war nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender des Generalkartells "Vereinigte Köln-Rottweiler Pulverfabriken", sondern auch Mitbegründer der "Russischen Gesellschaft für Pulverproduktion" und ähnlicher Gesellschaften in England, Holland und Japan. Er saß (u.a.) in den Vorständen der Daimler-Motoren Gesellschaft, der Mannesmannröhren-Werke und der Nobel-Dynamite- Trust Company. Der König von Württemberg verlieh ihm den persönlichen Adel.
Max von Duttenhofer starb 1903, sein Bruder Carl im Jahre 1921.
Explosivstoffe sind Stoffgemische oder chemische Verbindungen, die unter Abgabe von Energie und der Entwicklung großer Gasmengen reagieren. Diese Reaktion wird Explosion genannt.
Technisch anwendbare Explosivstoffe werden wiederum als Sprengstoffe bezeichnet. Unterschieden werden nach ihrer Reaktionsgeschwindigkeit bei der Explosion
deflagrierende Sprengstoffe und detonierende Sprengstoffe.
Pulver gehört zu den deflagrierenden Sprengstoffen. Die Deflagration ist ein beschleunigter Verbrennungsvorgang. Der Explosionsdruck wird durch die Entstehung und Ausbreitung von Verbrennungsgasen erzeugt. In den unterschiedlichen Waffengattungen, sei es für die Jagd oder für militärische Zwecke, hat Pulver die Funktion, die Munition zu schieben.
Die Deflagration macht Pulver wenig geeignet für Sprengungen. Es ist jedoch bekannt, dass Schwarzpulver seit dem 17. Jahrhundert auch als Sprengstoff im Bergbau eingesetzt wurde.
Die Erfindung des Schwarzpulvers wurde in China gemacht und gelangte über den arabischen Kulturraum im späten Mittelalter nach Europa.
Es ist eine Mischung aus Kaliumnitrat, Schwefel und Holzkohle. Die Anteile der Stoffe wurden je nach Verwendungszweck verändert.
In der gängigen Zusammensetzung von
- 65 - 75 % Kaliumnitrat
- 10 - 15 % Schwefel
- 15 - 20 % Holzkohle
hat Schwarzpulver eine schiefergraue Färbung und einen matten Glanz. Vor der Industrialisierung wurde es in Pulvermühlen hergestellt. Schwarzpulver war namensgebend für die Gattung flagrierender Sprengstoffe.
Kaliumnitrat ist wasserlöslich. Die explosive Wirkung aller Schwarzpulvergemische erlag daher unter Einwirkung von Feuchtigkeit großer Einbußen. Weitere Nachteile des Schwarzpulvers waren die Rückstände im Gewehrlauf, die starke Rauchentwicklung und das ausgeprägte Mündungsfeuer.
Alle Versuche in den fabrikeigenen Laboratorien gingen in die Richtung, für verschiedene Zwecke, Waffengattungen und eine verbesserte Waffentechnik Pulversorten zu entwickeln, die wasserunempfindlich (Marine), rauchschwach, handhabungssicher und mit immer günstigeren ballistischen Eigenschaften versehen waren.
Neben Laboratorien gab es daher auf Düneberg Schießstände zur Prüfung und Sicherung der Pulverqualität.
Prüfstand 1 im Betriebsteil "Kringel" der Düneberger Pulverfabrik
Preisliste
Dynamit ist die Markenbezeichnung für einen Sprengstoff, der sich nach dem Verfahren Alfred Nobels aus Nitroglycerin und Kieselgur zusammensetzt.
Mit der experimentellen Entwicklung des Dynamits gelang es Nobel 1866, einige große Probleme im Umgang mit Nitroglycerin zu lösen. Mit der Patentierung des neuen Sprengstoffs und weltweiten Firmengründungen legte er den Grundstein zu seinem Vermögen.
Das Nitroglycerin wurde 1846 von dem italienischen Chemiker Ascanio Sobrero entdeckt. Seine Explosivkraft - schon in kleinen Mengen - war so groß, dass Sobrero eine technische Anwendung des Stoffes nicht weiter verfolgte.
Nitroglycerin ist das Reaktionsprodukt aus der chemischen Umsetzung von Glycerin mit Salpetersäure und Schwefelsäure.
Chemisch rein liegt es als klares, farbloses Öl vor, die technische Form hat eine gelbliche Färbung.
Nitroglycerin gehört wie das Dynamit zu den detonierenden Sprengstoffen. Bei der Detonation durchläuft die Reaktionszone den Explosivstoff in einem Bruchteil einer Sekunde. Dabei bildet sich unter hohem Druck und hoher Temperatur eine Stoßwellenfront. Der Druck der entstehenden Verbrennungsgase läuft der Stoßwelle hinterher.
Erster Nitrierapparat der Fabrik Krümmel
Detonierende Sprengstoffe werden zur Füllung von Bomben, Granaten und Minen genutzt und dienen als Sprengmittel für zivile Zwecke.
Bei der Herstellung von Nitroglycerin, bei seinem Transport und bei seiner Handhabung geschahen immer wieder schwere Unfälle. Die stofflichen Eigenschaften des Nitroglycerins konnten zur Zeit Alfred Nobels chemisch nicht beschrieben werden. Man war darauf angewiesen, Erfahrungen zu sammeln und Beobachtungen anzustellen, um den Stoff technisch nutzen zu können.
Das Sprengöl wurde im Berg- und Tunnelbau, im Eisenbahnbau und für militärische Zwecke eingesetzt, ohne sich so erfolgreich durchzusetzen wie das Dynamit. Erst das Dynamit und nachfolgende Pulversorten auf der Basis von Nitrozellulose verdrängten das Schwarzpulver allmählich.
Dynamit besteht aus drei Teilen Nitroglycerin und einem Teil Kieselgur, gebrannter Diatomeenerde. Es hat eine mürbeteigartige Konsistenz, ist wenig stoßempfindlich und läßt sich daher gut handhaben, patronieren und versenden. Die Sprengkraft ist geringer als die des Nitroglycerins, aber bei weitem ausreichend und wesentlich besser als die des Schwarzpulvers.